Diesen Newsletter inkl. Buchempfehlung des von mir sehr geschätzen Ernährungswissenschaftler Dr. Nikolai Worm gebe ich gerne und unzensiert weiter. Bestätigt er doch alles, was auch ich beobachte: Wer sich bewegt, kann (und muss auch) alles essen was er will, wer sich aber nicht bewegt, muss unbedingt den Zucker auf dem Schirm haben, sonst wird er krank. Eine Standardempfehlung, die für alle gütig ist, ist demnach Käse!
Für gesunde, schlanke und muskelaktive Menschen gibt es sicherlich keine nennenswerten Vorteile, wenn sie auf Brot und Backwaren, Kartoffeln, Reis oder Nudeln verzichten. Nicht einmal moderater Zuckerkonsum und gelegentlicher Süßkram wird ihnen schaden. Und bekanntlich wären Spitzenleistungen in vielen Sportarten ohne zucker- und stärkereiche Nahrung gar nicht erreichbar.
Doch wie viele Menschen strengen heute ihre Muskeln noch an? Wie viele sind noch normalgewichtig? In Deutschland sind inzwischen fast 60% der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig oder adipös. Die wenigsten betreiben regelmäßig Sport und die allerwenigsten müssen noch körperlich hart arbeiten. Unsere Bevölkerung wird im Durchschnitt immer älter und fetter und lebt immer bewegungsfauler. Alle drei Charakteristika fördern Insulinresistenz. Metabolisch gesunde, insulinsensitive Adipöse sind eher die Ausnahme (in Deutschland sind es laut KORA-Studie etwa 13 % bei übergewichtigen/adipösen Männern und 22 % bei Frauen) [1]. Zudem ist es nur eine Frage der Zeit bis von denen auch noch ettliche insulinresistent werden.
Mit Insulinresistenz wird ein vermehrter Konsum von verdaulichen Kohlenhydrate grundsätzlich zum Problem. Denn Insulinresistente weisen trotz Hyperinsulinämie eine Glykogen-Synthesestörung in der Muskulatur auf [2]. Dann macht ihr Körper aus den Carbs flugs „de novo Lipogenese“ und verfettet innerlich. Das umso mehr bei der chronischen positiven Energiebilanz, in der sie offensichtlich leben. Dass bei uns bereits an die 30 oder 40% der Erwachsenen und schon ca. 30% der übergewichtigen Schulkinder eine nichtalkoholische Fettleber aufweisen, zeugt davon – es ist eine neue Volkskrankheit.
Vor diesem Hintergrund macht es mich fassungslos, dass die zuständige Ernährungsfachgesellschaft, öffentliche Institutionen und Krankenkassen auch heute noch allen Bürgern ohne Unterschied „zur Prävention“ ausschließlich eine kohlenhydratbetonte Kost nahelegen dürfen. Das entspricht den Ernährungsempfehlungen, wie sie vor Hundert Jahren an die hart arbeitende, schlanke Bevölkerung mit ihrem geringen Einkommen sinnvollerweise abgegeben wurden.
Aber passt unsere moderner, bewegungsfreier Lebensstil und diese traditionelle Ernährung physiologisch zusammen? Die Antwort ist „Nein“ und ich folgere daraus: Wer traditionell essen will, muss auch traditionell leben!
Große und kräftig arbeitende Muskeln können viel Stärke und Zucker problemlos verkraften. Hingegen machen sie rudimentären Muskeln mit sitzender Lebensweise rasch Probleme. Weitere Facetten unseres nicht mehr artgerechten Lebens verschärfen diese Kohlenhydratfalle zusätzlich. Umgekehrt ist belegt: Bereits eine einmalige, 45 Minuten dauernde, halbwegs anstrengende Muskelarbeit hebt bei Insulinresistenten akut die Glykogen-Synthesestörung zu einem erheblichen Maße wieder auf [2]. Daraus folgt ganz einfach: Inaktive müssen ihre geliebten Carbs erst „verdienen“! Sofern sie aber die bequeme Moderne bevorzugen, ist ihnen anzuraten auch „modern“ zu essen.
Ein Kleid für alle – das hat noch niemals gepasst. Ich möchte deshalb ein zum desolaten DGE-Einheitsbrei alternatives Ernährungskonzept verbreiten, das ich »Flexi-Carb« nenne, weil dabei die Kohlenhydratzufuhr den Stoffwechselgegebenheiten, dem Lebensstil und vor allem der Bewegungsaktivität individuell flexibel anpasst werden soll. Für die übergewichtige und bewegungsfaule Bevölkerungsmehrheit mit ihrem geringen Energieverbrauch muss zudem die Energiedichte der Nahrung viel niedriger werden – bei gleichzeitig sichergestellter Nährstoffversorgung. Zur Visualisierung dieses präventiven Ansatzes haben Heike Lemberger, Franca Mangiameli und ich eine „Flexi-Carb-Pyramide“ konstruiert, auf der neben wesentlichen Lebensstilfacetten auch auf die „zu verdienenden Extra-Carbs“ hingewiesen wird, damit jeder versteht: Kohlenhydrate sind keinesfalls verboten, ihre Zufuhr muss nur dem Lebensstil angepasst werden. Wir hoffen damit mehr Menschen für die Problematik muskulärer Inaktivität allergisieren und über das Kohlenhydratangebot zu mehr Bewegung motivieren zu können.
Die Platzierung der Nahrungsmittel auf dieser Pyramide wurde objektiv auf Basis einer Gewichtung von vier Kriterien ermittelt: Energiedichte, Nährstoffdichte, Kohlenhydratgehalt und Verarbeitungsgrad. Zur Anschauung hänge ich eine Abbildung dieser Pyramide an. Das Ganze kommt sehr mediterran daher – allerdings nicht in traditioneller, sondern in alternativer, an den heutigen Lebensstil angepasster Form. Dabei gibt es weder Kalorienvorgaben, noch Nährstoffrelationen oder Nährstoffzufuhr-Empfehlungen, sondern reine Nahrungsmittelempfehlungen.
Die Details des Konzepts haben wir in einem Theorie- und einem Praxisbuch beschrieben. Auf Amazon kann man einen Blick in die Bücher werfen:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3868836314/reaf=nosim/nicolaiwormde-21
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3868836322/reaf=nosim/nicolaiwormde-21
Zudem hat mir der Verlag erlaubt, eine Leseprobe zu verbreiten, die ich ebenfalls anhänge. Weiterhin bietet der Verlag allen interessierten Therapeuten an, DIN A4 Flyer mit der Flexi-Carb-Pyramide zur Abgabe an Patienten kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dazu müssten sie den Verlag kontaktieren:
Melanie Roll
Riva-Verlag
email: mroll@rivaverlag.de
Tel 089-65 1285-154
Fax 089-65 20 96
In Kürze wird es auch noch ein DIN A 1 Poster der Pyramide geben.
Ich bin außerordentlich gespannt, ob und wie dieses Konzept von den Kolleginnen und Kollegen in der Ernährungsberatung und Ernährungstherapie angenommen und an die riesige Zielgruppe weitergegeben wird. Natürlich würde ich mich auch über konstruktive Rückmeldungen sehr freuen.
Viele Grüße,
Nicolai Worm
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Dr. Nicolai Worm
Geibelstrasse 9
D-81679 München
Fon: +49-89-41929387
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www.logi-methode.de
www.leberfasten.de
Literatur (kann ich gerne auf Wunsch als pdf zusenden!):
1. Shulman GI. Ectopic fat in insulin resistance, dyslipidemia, and cardiometabolic disease. N Engl J Med 2014;371(12):1131-1141.
2. Blüher M. Are metabolically healthy obese individuals really healthy? Eur J Endocrinol 2014;171(6):R209-219.